Johann Gottfried Herder soll es gewesen sein, der Dresden einst zu seinem glamourösen Beinamen verhalf: Elbflorenz. Der Ehrentitel bezieht sich zwar leider weniger auf eine klimatische Vergleichbarkeit der Sachsen- und der Toskana-Metropole, aber hinsichtlich architektonischer Pracht und des Reichtums an musealen Schätzen können sich die beiden Städte durchaus messen. Und in einer Beziehung hat Dresden eindeutig die Nase vorn: die Elbe macht deutlich mehr her als der Arno. Ja, man könnte sagen, sie ist der heimliche Star unter den Sehenswürdigkeiten, an denen Dresden wahrlich nicht arm ist. Zumindest für ihre Bewohner. Denn während der Dresdner an sich zwar höchst stolz auf Touristenmagneten wie Semperoper, Zwinger, Schloss, Kunstsammlungen und das in den letzten Jahren wiedererstandene barocke Viertel um die imposante Frauenkirche ist, so besucht er sie doch deutlich weniger regelmäßig als die Elbe. Der Fluss jedoch und besonders die weitläufigen Wiesen an seinen Ufern, die sich bis ins Stadtzentrum hineinziehen, sind der Lieblingstummelplatz der Einheimischen.
Der Besucher, wenn er die oben genannten Attraktionen absolviert hat, ist gut beraten, es ihm gleichzutun. Nirgends hat man einen besseren Blick auf die Stadt, als von den rebenbestandenen Terrassen der romantischen Elbschlösser, vom Schloss nur wenige Kilometer flussaufwärts gelegen. Hier kann man entweder ein Gläschen des vor Ort erzeugten Weines kosten – auf den die Dresdner ebenfalls mächtig stolz sind – oder man hält sich an koffeinhaltige Heißgetränke und Dresdner Eierschecke. Falls gerade Weihnachten vor der Tür steht, sollte es natürlich eher der berühmte Dresdner Christstollen sein. Den bekommt man zum Beispiel noch ein Stück flussaufwärts auf dem Weihnachtsmarkt im Stadtteil Loschwitz. Natürlich ist der Striezelmarkt im Stadtzentrum viel größer, älter und bekannter – aber leider auch deutlich „bratwurstlastiger“. Die Kenner unter den Einheimischen halten sich darum an den oben erwähnten Markt, denn der ist viel schnuckeliger, gemütlicher und origineller.
Sollte nun der Eindruck entstehen, Dresden sei etwas bürgerlich, so stimmt das zwar – aber nicht nur. Wer die Alternative zur pittoresken Idylle von Altstadt und Elbe sucht, wird in der Neustadt fündig. Vom offiziellen Stadtmarketing weitgehend ignoriert, schlägt hier das Herz der Szene. Auf wenigen Straßenzügen konzentrieren sich unzählige Kneipen, Cafés, Galerien, Clubs und Läden aller Art. In dem Gründerzeitviertel gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Wer alle offiziellen Sehenswürdigkeiten absolviert hat, kann hier den Tag entspannt ausklingen lassen. Zum Beispiel im „Oosteinde“. Während die meisten Biergärten im Viertel aus Lärmschutzgründen abends beizeiten schließen, darf man hier am Prießnitz-Bach im Sommer gern länger draußen sitzen – bei lokalem „Lößnitz-Pils“ und sehr leckeren Gerichten zum kleinen Preis. Der Verdauungsspaziergang danach führt, na klar, in nur fünf Minuten wieder an die Elbe.